Angefangen hatte alles mit einer Anfrage im Sommer 2006, ob ich einen Artikel zum Thema Lebendfutter für die Kleinsäugerzeitschrift Rodentia schreiben möge. Ich hatte mich zu jener Zeit intensiv mit der Ernährung von herbivoren Nagetieren beschäftigt, hatte jedoch von diesem Thema keine Ahnung. Ich musste daher verneinen, konnte aber zu einem anderen Thema einen Artikel beisteuern und es packte mich die Neugier. Das führte letztlich dazu, dass ich mir zuerst Schwarzkäfer (Zophobas morio) anschaffte und später anfing, Asseln zu züchten. Parallel dazu beschäftigte ich mich intensiv mit freilebenden Insekten in der Natur, insbesondere mit europäischen Waldschaben (Ectobius spp.).
Die Schwarzkäfer (Zophobas morio) schaffte ich mir an, um erste Erfahrungen mit der Haltung von wirbellosen Futtertiere zu sammeln. Sie stellten sich bald als sehr interessante, einfach zu haltende und robuste Pfleglinge heraus. Ich beabsichtigte damals keine Zucht im grösseren Stil, da ich damals keine Tiere hatte, an die ich die Käfer hätte verfüttern können. So gab ich die Haltung, nach dem Ableben der Käfer wieder auf und schaffte keine neuen Tiere mehr an.
Die Robustheit und die einfache Haltung der Käfer konnte ich zwar selber feststellen, deutlich vor Augen führte es mir ein Artikel von König (2004). Er behandelte die Haltung von Schwarzkäfern und Gespenstschrecken als typische Insekten an Schulen.
Die Schwarzkäfer sind Allesfresser und werden auf Erde, die feucht gehalten wird, als Bodengrund gehalten. Eine Wärmequelle kann angeboten werden, ist aber nicht zwingend nötig. Gefüttert werden die Tiere mit Gemüse, Obst und tierischem Futter. Wasser ist bei feuchtem Bodensubstrat und regelmässigen Saftfuttergaben nicht nötig. Die Schwarzkäfer-Larven sind meist unter der Bezeichnung "Zophobas" im Zoohandel als Lebendfutter erhältlich. Aufgrund ihrer Grösse werden sie im Gegensatz zu den verwandten Mehlkäfer oft auch einzeln verkauft. Damit sich die Tiere zu Käfern entwickeln, müssen sie sich verpuppen. Dazu werden die Larven meist separiert, was sich positiv auf eine erfolgreiche Verpuppung auswirken soll.
Die Anfänge meiner Asselhaltung geht auf die Umstellung meiner Schwarzkäferhaltung zurück. Ich hielt diese in einem trockenen Kleiesubstrat, ählich wie dies bei Mehlkäfern üblich ist. Diese Haltung erwies sich in der Praxis bei mir als unbefriedigend, so dass ich auf ein naturnahes Substrat wechselte nach Vorbild von Löser (1991) und Müller (2007). Aus einem nahe gelegenen Wald holte ich Walderde samt Pflanzen, die dort wuchsen und dekorierte den Behälter mit Zweigen, Steinen und Rindenstücke. Da ich die Walderde nicht durch Hitze sterilisierte kamen so auch einige Waldbewohner des Bodens mit, darunter auch zwei Mauerasseln (Oniscus asellus). Da nur wenige der Schwarzkäferlarven sich verpuppten und letztlich nur zwei Käfer überlebten, die sich nicht fortpflanzten, liess ich die Käfer aussterben. Beide lebten etwa 1 Jahr als Käfer in der unbeheizten Box bei Zimmertemperaturen (Sommer 20-30 °C, Winter 18-20 °C). Die beiden Mauerasseln verblieben jedoch und nach dem Ableben der Schwarzkäfer entschied ich, den verbliebenen Asseln Artgenossen zu verschaffen und in einer zweiten Kunststoffbox eine kleine Asselzucht einzurichten.
Asselzucht in Kunststoffbox (3 Abbildungen):
Bei der Einrichtung der Kunststoffbox orientierte ich mich an der Einrichtung, die ich einst für die Schwarzkäfer verwendete. Als Bodengrund nahm ich jedoch Gartenerde, wobei ich auch darauf achtete, Erde zu nehmen in der Nähe von Asselvorkommen. Diese fand ich insbesondere an der Wurzel eines Sommerflieders, dessen Holz teilweise - wohl wegen dem hohen Alter - morsch war und sich langsam abbaute. Auch vom morschen Holz selber nahm ich kleinere Stücke und setzte sie in das Erdsubstrat. Die Box selber strukturierte ich so, dass verschiedene Bedingungen möglich sein sollen. In einer Ecke ersetzte ich die Erde mit den darauf gelegten Rindenstücke durch Hasel- bis Walnussgrosse Steinchen. Dieser trockene Bereich soll den Asseln als Ausgleich zu der sonst gut und regelmässig durchfeuchteten Erde dienen. Später zeigte sich, dass hier vor allem die Kellerasseln (Porcellio scaber) sich gerne aufhielten, wobei dieser Bereich zu grossen Teilen meist unbewohnt war. Die Asseln halten sich vorwiegend unter den Rindenstücke auf oder insbesondere die Kellerasseln vergraben sich gerne auch ins Erdsubstrat. Als Besatz nahm ich Mauer- und Kellerasseln aus unserem Garen von verschiedenen Stellen. Ich fand sie vor allem in der Bodenstreu, unter Salaten an den sich zersetzenden untersten Salatblättern, unter Rindenstücke oder an der teilweise morschen Borke von Sträuchern, unter Blumentöpfen, in der Nähe von Komposthaufen und in der Laubschicht zwischen abgestorbenen Blättern, Primeln und Walderdbeeren an einem eher schattigen Standort.
Anfänglich war die Besatzdichte relativ gering, obwohl ich einige Asseln einsetzte, auch Nachwuchs konnte ich vorerst keinen beobachten. Auch die Fütterung hatte ich anfänglich nicht im Griff, die Tiere ernährten sich was das Bodensubstrat hergab, auch gab ich ab und an etwas Salat in kleinen Mengen, der scheinbar nicht wirklich gefressen wurde. Durch die bald auftretenden Jungtiere und der prächtigen Vermehrung der Asseln und durch einen Artikel von Felka (2009) zur Asselhaltung kam ich der Sache dann schon näher. Der Autor empfahl insbesondere Brennnesselblätter mit denen ich in Folge gute Erfahrungen machte. Während der Autor diese Blätter zusammen mit verschiedenen Strauch- und Baumblätter zerkleinert und so zur Konservierung einfriert, entschied ich mich für die meines Erachtens natürlichere Variante, indem ich die Blätter trocknete und seit dem so in die Box lege. Seit der Bestand kräftig angewachsen ist und wahrscheinlich einige Hundert Tiere zählt, zeigt sich auch der Hunger der Tiere: Blätter zeigen nun anch wenigen Tagen erste Frassspuren und werden in wenigen Wochen verspeist. So lassen sich nun auch Präferenztests durchführen und es zeigte sich, dass beispielsweise auch Haselblätter gefressen werden. Mit dieser Fütterung habe ich eine für mich wesentlich einfachere Fütterung gefunden, die mich von regelmässigen Gemüse-Gaben unabhängig macht und die auch im Winter problemlos praktiziert werden kann. Da das Substrat der Tiere ohnehin regelmässig feucht gehalten werden muss, ist auch die Trinkwasserversorgung kein Problem. Ich besprühe zudem auch die als Futter verwendeten getrockneten Blätter, was den Zersetzungsprozess anregen und die Attraktivität des Futters bei den Asseln steigern soll.
Asseln werden in der Terraristik gerne als Saubertierchen eingesetzt, als Putzkolonne, welche den Boden sauber halten. Insbesondere weisse Asseln (Trichorhina tomentosa) sind für diese Aufgabe beliebt (Bruse et al. 2003, S. 127-129). In der Kleinsäugerhaltung sind sie dagegen wenig verbreitet. Erste Versuche mit einem mit Asseln besetzten Feuchtbereich sind zwar vielversprechend, denn die Asseln haben sich als Schimmelvertilger bewährt. Es zeigte sich jedoch in jenem Asselexperiment, dass die Degus wenig Interesse zeigten am Feuchtbereich (Öllerer 2009).
Die Asseln (Isopoda) sind eine artenreiche Ordnung, die im Wasser und auf dem Land lebt und 7000 Arten umfasst. Die Hälfte davon sind Landasseln, welche zwar sehr unterschiedliche Lebensräume bewohnen, aber in der Ernährung sehr ähnlich sind und sich überwiegend von pflanzlicher, sich zersetzenden Nahrung ernähren. Die Wasserasseln dagegen haben ein viel breiteres Nahrungsspektrum und leben teilweise parasitisch, teilweise als aktive Räuber oder auch pflanzlich, einige leben sogar in Holz. Die Asseln gehören jedoch gegenüber der weit verbreiteten Meinung nicht zu den Insekten, sondern zu den Krebstieren (Schmalfuss 1983). Die häufig vorkommenden Landasseln der Gattungen Oniscus (Mauerasseln) und Porcellio (Kellerasseln) haben eine Lebenserwartung von etwa 3-5 Jahre (vgl. Friedrich & Volland 1998; Lardies & Bozinovic 2008).
Waldschaben draussen (3 Abbildungen):
Es war eine Zufallsbegegung als ich vor einigen Jahre die erste Waldschabe entdeckte. Sie sass auf auf einer wilden Brombeerranke, welche am Wegrand wuchs mitten in einem ländlichen Dorf. Erstaunt von der Tatsache, dass in unseren Breitengraden wildlebende Schaben vorkommen, fing ich an, mich intensiver mit ihnen auseinanderzusetzen und konnte in Folge häufiger welche beobachten.
Europäische Waldschaben leben versteckt und sind daher nicht ganz einfach zu beobachten. Sie leben eigenen Beobachtungen und Fachliteratur (Baur et al. 2004) zufolge in der Bodenstreu (im Laub und unter Steinen), in Ritzen und kleinen Hohlräumen, unter Blumentöpfen, in Rollladenkästen und teilweise auch auf Sträuchern und Stauden wie Haselnusssträcher, Himbeer- und Brombeerstauden oder Nachtkerzen. Obwohl Waldschaben generell als tagaktiv gelten, konnte ich Aktivitäten vor allem in den späten Nachmittags- und Abendstunden feststellen.
Die Schaben (Blattodea) sind mit etwa 4000 Arten eine relativ artenarme Ordnung. In Menschenobhut erfreuen sich gerade tropische Schabenarten einer grossen Beliebtheit. Über europäische Schabenarten ist dagegen wenig bekannt. In jüngerer Zeit machten in der Schweiz die Bernstein-Waldschaben (Ectobius vittiventris) vermehrt von sich zu reden, da diese Art zuvor nur in südlicheren Gebiete vermutet wurde (Mittelmeerraum mit nördlicher Verbreitungsgrenze in der Südschweiz). Da sich diese Schabenart häufiger in Häuser verirrt, wurden Forscher auf sie aufmerksam, was sich in verschiedenen Beiträgen in Fachzeitschriften niederschlug, dessen jüngster und umfangreichster Beitrag von Baur und Kollegen (2004) veröffentlicht wurde.
Waldschaben im Haus (3 Abbildungen):
Waldschaben (Ectobius spp.) sind keine Vorratsschädlinge. Exemplare, die sich ins Haus verirren sind harmlos.
Feuerwanzen sind häufige Gartentiere, werden aber insbesondere von Malvengewächse (z. B. Linden oder Straucheibisch) angezogen. Dann kann es auch zu grossen Ansammlungen mit Klumpenbildung kommen. Verantwortlich dafür sind Pheromene. Die jungen Feuerwanzen (Nymphen) sind im Gegensatz zu den ausgewachsenen Käfer fast einfarbig rot gefärbt.
Feuerwanzen im Garten (3 Abbildungen):
Der Straucheibisch (Hibiscus syriacus) ist auch bei anderen Wirbellosen beliebt. Neben Feuerwanzen sind häufig auch Bänderschnecken an seinem Stamm und auf seinen Ästen zu finden.
Bänderschnecke an Straucheibisch-Stamm: